Knapp 3 Monate Brasilien sind um. Was für eine phantastische Zeit. Ich will wieder zurück. Ich bin so beschäftigt gewesen, dass ich zu vielem gar nicht richtig gekommen bin; unter anderem habe ich nicht so viele Blog-Artikel geschrieben, wie ich gewollt hätte.
Die Menschen dort sind wunderbar. Die Offenheit ist noch stärker ausgeprägt, als ich es in Spanien erlebt habe. Ständige Umarmungen und Küsschen, in Kombination mit nur einer „Du“-Form für Bekannte wie für Fremde. Das macht im Umgang so viel aus. Mir ist aufgefallen, dass in Deutschland selbst das Handreichen aus der Mode zu kommen scheint. (Oft reicht ja ein „Hallo“ mit einem Sicherheitsabstand von 2 Metern zur Begrüßung aus. Seufz.)
Im Unterschied zu Spanien haben die meisten Menschen auch anders reagiert auf mein Portugiesisch. Während es in Spanien niemandem komisch vorkam, dass ich Spanisch lernte, fanden es in Brasilien viele Menschen sichtbar toll, dass ich versuchte, ihre Sprache zu lernen. Ich wurde sogar mehrfach gefragt, warum ich denn auf die Idee gekommen bin, Portugiesisch zu lernen. In Spanien wurde ich das nie gefragt. Angemerkt wurde wohl auch deswegen, wie flüssig und gut ich Portugiesisch spräche. Aber, nun ja, das hat sicherlich auch kulturelle Gründe; als Deutscher würde ich erst dann sagen, gut Portugiesisch zu sprechen, wenn ich einen Habitilationsvortrag in Agrarphilosophie flüssig halten und verteidigen könnte.
(Zu der Selbsteinschätzung fällt mir immer folgendes Bonmot ein: Ein US-Amerikaner und ein Deutscher wollen Elefanten erforschen. Der US-Amerikaner recherchiert im Netz, befragt einige Biologen und veröffentlicht sein Buch mit dem Titel: „Alles über Elefanten“. Der Deutsche reist nach Afrika, studiert dort jahrelang das Verhalten ganzer Herden, nimmt an unzähligen Safaris und Konferenzen teil, bevor er nach vielen Jahren endlich ein Buch veröffentlicht mit dem Titel: „Elefanten – eine Einführung“.)
Brasilien hat mir auch wieder vor Augen geführt, wohin es führt, wenn große Teile der Menschen von Wohlstand ausgeschlossen sind. Die Kriminalitätsrate ist ja überall deutlich höher, auch wenn ich persönlich nichts davon mitbekommen habe, wohl weil ich auch nur in „teureren“ Gegenden gewohnt habe. So viele Obdachlose und Bettler. So viele Sicherheitsvorkehrungen, die das ganze Leben bestimmen:
- Hochhäuser sind beliebt, weil man sie gut schützen und sich Wachleute teilen kann.
- Häuser haben 2–3 Meter hohe Zäune, oft mit Stacheldraht und Elektrozaun.
- Viele Schulen haben Wachtürme und Videoüberwachung, von denen Innenminister träumen oder Londoner es gewohnt sind.
- In Bibliotheken darf man Schließfächer nur nach Passkontrollen nutzen.
- Für fast alle Schwimmbäder braucht man ein aktuelles ärztliches Attest. Damit man nicht lustige Krankheiten im Wasser verbreitet, gegen das Chlor wohl auch nicht mehr hilft.
Ich muss noch so viel mehr schreiben… Ich habe auch schon etliche Blog-Artikel vorbereitet und hoffe, die 2. und 3. Phase mehr zu schreiben. Ich werde daher auch von Portugal aus Beiträge über Brasilien veröffentlichen. Aktuell bin ich am Beginn meiner 2. Phase: 3 Monate Lissabon, mit einer 3‑wöchigen Unterbrechung ab Mitte Dezember. Diese Zeilen schreibe ich am Flughafen in Lissabon, wo ich mich immer noch über 30 Gigabyte LTE-Volumen für 30€ freue…
Den Beginn meiner Master-Arbeit, die ich Ende September / Anfang Oktober habe anfangen wollen, habe ich auf Anfang November (=jetzt) verschoben, hauptsächlich weil mein Betreuer im Konferenzstress war. (Das war mir aber auch nicht so unrecht, so hatte ich mehr Zeit für die Portugiesische Sprache.) Aber damit geht es jetzt auch los, wir diskutieren noch einzelne Schwerpunkte der Arbeit.
Nun dann. Hallo Lissabon.
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